Teamanlass

Der Teamanlass 2022 – ein Heimspiel

Es ist sicher nicht übertrieben, unseren Gründungsrektor Urs Bamert als «Vater der KZI» zu bezeichnen. Das zur Gründung einer Kantonsschule nötige Organisationstalent hat Urs hinlänglich und eindrücklich bewiesen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Vorfreude auf den Herbstevent 2022 im KZI-Team gross war, denn der Rektor wollte persönlich zum Organisationsstab greifen.

Am Mittwoch, 7. September 2022, berief Urs das Team pünktlich um 13 Uhr in die Aula und führte insbesondere die vielen neuen Teamkolleginnen und -kollegen in die zwar noch junge, aber bereits hoch geschätzte Tradition des Herbstanlasses ein.

Die Ausgabe 3.0 hatte zwei Themenschwerpunkte: die Geschichte des Wägitals respektive des Innerthals und die familiären Wurzeln von Urs an den Gestaden des Wägitalersees. Die Schreibweise des «Wägitals» variiert zwischen «g» und «gg». Schlaumeier wollen auf ihrem Handy auch 5G entdeckt haben.
Der Vater von Urs war langjähriger Stauseewärter in Innerthal, der Grossvater bewirtschaftete in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Alp weit oberhalb des Sees.
Bei der thematischen Einführung in die Transformation von Alt- zu Neuinnerthal in den 1920er-Jahren zeigte sich Urs nicht nur beschlagen in Geschichte und Geografie der Region, sondern auch in Statik und Technik der einst weltweit höchsten Gewichtsstaumauer – und insgesamt als packender Geschichtenerzähler.

Nach der Einführung war klar – das Team würde nun mit zwei Postauto-Oldtimern aus den 1950ern zur Besichtigung der Staumaueranlage nach Innerthal fahren – und der diesjährige Teamanlass würde zum Urs’schen Heimspiel.

Die Fahrt in den beiden alten Saurern L4C, früher Schnauzen-Postautos genannt, war ein besonderes Erlebnis. Zum einen erstaunte das schicke Innendesign mit Ledersesseln und Glaspanoramadach, zum anderen irritierte aber die Lautstärke des 8-Liter-125PS-Motors, der Gespräche selbst bei gemächlicher Innerortsfahrt in eine Anbrüllorgie verwandelte. Wenn heutzutage bemängelt wird, dass sich Menschen im ÖV kaum unterhalten, dürfte das früher wohl nicht anders gewesen sein, wollte man keine Stimmbandreizung riskieren. Aber Liebhaberinnen und Liebhaber alter Fahrzeuge nörgeln nicht wegen etwas Lärm, sondern geniessen die gemächliche Fahrt und zeigen Ehrfurcht vor einem Veteran, der 650'000 Kilometer auf dem Buckel hat und ein Steuerrad aufweist, das jeden Zürichseedampfer vor Neid erbleichen lässt. Sprich die Fahrt von Wädenswil via Sihlsee über die Sattelegg nach Innerthal war bei schönstem Sonnenschein ein Vergnügen!

In Innerthal wurde das KZI-Team vom vorausgeeilten Urs in Empfang genommen und mit Hannes Züger und Ueli Diethelm bekannt gemacht. Die beiden sind als Stauseewärter der 4. und 5. Generation die beruflichen Nachfahren von Vater Bamert.

In zwei Gruppen eingeteilt erfuhr das KZI-Team alles Wissenswerte über die Historie des Wägitaler Stausees, seine technischen Leistungen und Eigenheiten und insbesondere auch über den Vorgang zum Entleeren des Druckstollens.
Hannes Züger erklärte, wie ein 45 Tonnen schwerer Schieberwagen in den See und dort über eine Art Schleuse des Druckstollens gefahren werden kann. Die rund 100-jährige Technik funktioniert bis heute einwandfrei.
Ueli Diethelm führte die andere Teamgruppe in und durch den Bauch der 111 Meter hohen Gewichtsstaumauer, von der aber nur rund 65 Meter sichtbar aus dem Talboden reichen. Er beruhigte ängstlichere Gemüter mit seinen Erläuterungen zu den Messungen von Durchbiegungen, Verschiebungen und Wassereintritten. Und da Diethelm die souveräne Ruhe des Technikers und sein absolutes Vertrauen in die mehrfach kosmetisch renovierte «Schrähmauer» verströmte, teilte der KZI-Tross seine Überzeugung gerne, dass die Wägitalersee-Barriere eine der sichersten Staumauern der Welt ist.
Urs Bamert seinerseits ist seit Kindesalter mit der Mauer und der Seetechnik vertraut; Heimspiel eben. Er kann Seedaten (150 Mio. Kubikmeter Wasser, davon gut 75 Mio. Kubikmeter nutzbar, was einer nutzbaren Wasserhöhe von 20 Metern entspricht, etc.) aus dem Ärmel schütteln oder auch den Zweck der äusseren Granitverkleidung der Mauer erklären: in den 1930er-Jahren wurde die von Frostrissen gezeichnete Betonaussenschicht mit dieser Verkleidung vor der Witterung geschützt. Urs kannte aber auch noch einen anderen, geheimeren Zweck der hübsch geometrisch angeordneten Steinquader. Dem jugendlichen Urs diente die Granitverkleidung als Klettergarten. Bei einer Steighöhe von fast 60 Metern bei einer Neigung von 78° ist dieser Verwendungszweck gut nachvollziehbar… Diese Information musste dann erst einmal mit einer köstlichen Stauseewärterzwischenverpflegung verdaut werden.

 

Nach der Weiterfahrt mit den Post-Oldtimern nach Lachen fand der Teamanlass seinen krönenden Abschluss bei Speis und Trank und einer Lesung von Beat Hüppin im wunderbaren Gasthaus Oberdorf.
Urs hatte mit Hüppin den Autor des Lokalromans «Talwasser» eingeladen. Im Roman erzählt Hüppin anhand des Schicksals des fiktiven Wägitaler Bauern Xaver Dobler und seiner Familie die Vor- und Baugeschichte der «Schräh». Er thematisiert den Umgang seiner Protagonisten und Protagonistinnen mit dem Wandel ihrer Lebenswelt, das Leben in einem Mikrokosmos zwischen Fortschritt und Tradition, zwischen Pragmatismus und Fatalismus. Autor Hüppin betonte am Ende der Lesung, dass bei den Romanrecherchen deutlich zum Vorschein gekommen sei, dass die Schicksale der Alt-Innerthaler den Bedürfnissen einer Gesellschaft untergeordnet worden seien, die nach wirtschaftlichem Fortschritt drängte, einer profitorientierten Gesellschaft, repräsentiert durch die damaligen Zürcher Kraftwerkbesitzer.

Zum Abschluss des Teamevents ruckelte ein zufrieden-sattes KZI-Team in den Oldtimer-Postsänften nach Hause, erfüllt von mannigfachen Eindrücken und dem Brummen der 8-Liter-Saurer in den Ohren.
Ein wahrlich wunderbares Heimspiel, das Urs seinem Team geboten hat. Herzlichen Dank!

Renato Bühler, Geschichtslehrer